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Viele Menschen funktionieren durch ihren Alltag, ohne sich regelmäßig mit ihrem körperlichen Zustand zu verbinden. Der Körper sendet jedoch fortlaufend Signale. Er zeigt Belastung oft früh – durch Spannung, Müdigkeit, diffuse Verdauungsprobleme oder das Gefühl, nicht richtig im eigenen Körper zu sein.
Im Juli haben wir uns in unserer Praxis bewusst diesem Thema gewidmet:
Wie zeigt sich Stress im Körper? Wie lässt er sich früh erkennen? Und wie können wir ihn im Alltag wirksam regulieren?
Ziel war, ein besseres Verständnis für die Sprache des Körpers zu vermitteln – wissenschaftlich fundiert und alltagstauglich.
Selbsttest: Wie gestresst ist dein Körper?
Wir haben einen kurzen Selbsttest entwickelt, um typische Stresszeichen körperlich besser einordnen zu können. Er basiert auf aktuellen Erkenntnissen aus der Polyvagal-Theorie (Porges), der Allostase-Forschung (McEwen) sowie aus Studien zur Faszienphysiologie (Schleip) und Atemregulation.
Folgende fünf Aussagen sollten ehrlich beantwortet werden:
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Ich atme häufig flach (Brust- statt Bauchatmung).
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Ich bin oft verspannt (z. B. Nacken, Kiefer, Rücken).
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Ich habe regelmäßig Verdauungsprobleme.
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Ich spüre meinen Körper manchmal kaum.
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Ich bin auch nach Ruhephasen oft erschöpft.
Auswertung:
0–1-mal „Ja“: Dein Nervensystem wirkt gut reguliert.
2–3-mal „Ja“: Erste Hinweise auf erhöhte Anspannung.
4–5-mal „Ja“: Deutliche Zeichen chronischer Stressverarbeitung. Jetzt ist bewusste Regulation besonders wichtig.
Drei evidenzbasierte Übungen zur Selbstregulation
Aufbauend auf den physiologischen Zusammenhängen haben wir drei einfache Übungen vorgestellt, die gezielt zur Selbstregulation eingesetzt werden können. Sie brauchen keine Geräte und lassen sich in wenigen Minuten umsetzen.
1. Faszien-Schütteln (1–2 Minuten)
Du stehst locker, die Knie leicht gebeugt. Dann beginnst du, deinen Körper sanft zu schütteln – von den Füßen bis zum Kopf. Alles darf locker mitgehen. Ziel ist es, gespeicherte Spannung im myofaszialen Gewebe zu lösen, das vegetative Nervensystem in Bewegung zu bringen und die Körperwahrnehmung zu verbessern.
2. Längeres Ausatmen im 4:6–8-Rhythmus
Du atmest vier Sekunden durch die Nase ein und anschließend sechs bis acht Sekunden langsam durch den Mund aus. Durch die bewusste Verlängerung der Ausatmung wird der Vagusnerv aktiviert, die Herzfrequenz sinkt, das Nervensystem kommt zur Ruhe. Dieser Effekt ist messbar und durch viele Studien zur HRV (Herzfrequenzvariabilität) gut belegt.
3. Kiefer- und Zungenentspannung (1–2 Minuten)
Du lässt deinen Unterkiefer locker und legst die Zunge sanft oben an den Gaumen. Diese Position wirkt über mehrere Hirnnerven (Trigeminus, Fazialis, Glossopharyngeus, Vagus) direkt beruhigend auf das autonome Nervensystem. Viele Patientinnen und Patienten spüren innerhalb weniger Atemzüge eine Entlastung im Kopf-, Kiefer- oder Nackenbereich.
Wissenschaftliche Grundlagen
Alle Impulse im Juli basierten auf aktuellen neurobiologischen Erkenntnissen – unter anderem aus:
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der Polyvagal-Theorie von Stephen Porges
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der Faszienforschung von Robert Schleip
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dem Konzept der Allostatischen Last (Bruce McEwen)
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Studien zur Atemregulation und HRV (u. a. Lehrer, Grossman)
Unser Ziel war dabei nicht, Stress zu vermeiden – sondern ihn früher zu erkennen, körperlich besser zu verstehen und gezielt zu regulieren.
Was du aus dem Juli mitnehmen kannst
Körpersignale sind wie Sprache. Wer regelmäßig hinhört, versteht sie früher – und kann entsprechend handeln. Kleine Übungen können große Wirkung entfalten, wenn sie regelmäßig und achtsam eingesetzt werden.
Wir danken allen, die diesen Monat mitgelesen, ausprobiert oder mitgedacht haben. Bei Fragen oder zur Vertiefung stehen wir jederzeit persönlich zur Verfügung.